1 Wenn ich dir sag, wie man als Fohse liebt So hör mir zu mit Fleiß und ohn Verdruß Weil ich schon lang durch Kunst ersetzen muß Was dir die Jugend einige Zeit noch gibt Doch wisse, daß du desto jünger bleibst Je weniger mechanisch du es treibst. 2 Mit Faulheit ist's bei jedem gleich verhunzt Riskiert nur, daß er dich zusammenstaucht Und er, wenn du ihn fickst, daß dir die Fotze raucht Stinkfaul am Arsch liegt und "Mehr Demboh" grunzt. Und nennt der Herr die beste Arbeit schlecht Halt deinen Rand: der Herr hat immer recht. 3 Klug mußt du sein wie Pfaffen, nur genauer Sie zahlen dir nicht das für dich Bequeme! Und ihre Schwänze sind für dich Probleme Genau wie Pfeifen für den Orgelbauer. Jung ahnt man nicht, was alles daran hängt Doch was ist eine Fohse, die nicht denkt? 4 Was seinem Weib nicht frommt, der Fohse frommt's Drum - mußt du ihn hereinziehn auch am Strick - Seufz, wenn er drinnen ist: "Ihrer ist dick!" Und wenn's ihm kommt, dann stöhne schnell: "Mir kommt's!" Denn bei den Jungen grad wie bei den Alten Du mußt sie immerfort im Aug behalten. 5 Sag ihm, es macht dich geiler, wenn der Herr Dein Ohr leckt. Leckt er's, stöhn: "Ich bin so scharf!" Und glaubt er's, stöhn: "Ich bitt, daß ich mich strecken darf!" Und dann: "Entschuldigen Sie, ich bin so naß parterre." Daß ihr ein Herz und eine Seele schient Er zahlt dafür, daß er dich gut bedient. 6 Nicht immer ist es schmackhaft, ungesalzen Sich einen bärtigen Schwanz ins Maul zu stecken Und ihn, als wär es Lebertran, zu lecken Denn oft ist's saubrer, ihn dort zu umhalsen. Und er verlangt nicht nur, daß er genießt Sondern auch, daß du selbst erregt aussiehst. 7 Wenn du es je nicht schaffst, dich aufgeregt zu stellen Halt deinen Atem an, als sitzt du auf dem Topf Dann scheint's, als steige dir das Blut zu Kopf Bequemer ist's, als wie ein Fisch zu schnellen. Auch einen sanften Mann kannst du empören Denkst du an Dinge, die nicht hergehören. 8 Vergiß nie, daß es sich um Liebe handelt Vergißt du's doch, so fall nicht gleich aufs Maul Und mache aus dem Saulus einen Paul Ein Finger im Arsch hat manchen schon gewandelt. Du hast noch nicht erlebt, was ihrer harrt Der Fohsen ohne Geistesgegenwart. 9 Für unsereinen ist es eine harte Nuß Sieht sie, daß ihre Fotz zu weit wird (wie bei mir) So daß ein Mann gar nichts mehr spürt bei ihr Und er sich um den Schwanz ein Handtuch wickeln muß. So eine muß beizeiten daran denken Ob ihr die Gäule was fürs Vögeln schenken. 10 Die Bürgermädchen, die auf Gartentischen Die älteren Brüder längst zusammenhaun Machen die Fotze enger mit Alaun Um sich ewig einen Mann zu fischen. Wo's angebracht ist, richte dich nach denen Und: Was ist eine Fohse ohne Tränen? 11 Sehr viele Männer vögeln gern Gesichter Das Weib muß oben so wie unten naß sein Bei einem solchen darf es für das Weib kein Spaß sein Er selbst erscheint sich umso ausgepichter. Vor diesen also heuchle ruhig Qualen Wo's angebracht ist. Denn auch diese zahlen. 12 Der Herr weiß selber selten, was er will Du mußt es wissen! Tritt er in die Kammer Weißt du: ist er heut Amboß oder Hammer? Werd ich gevögelt, hält Er heute still? Die Menschen zu erkennen, ist die Kunst Das muß so spielend gehn, wie einer brunzt. 13 Die schlimmsten Leute sind die klugen Leute Ich hätt oft lieber doch mit einem Hund geschlafen Die klugen Leute, du, sind unsere Strafen Die graben sich ein, das seh ich an mir heute Ich selbst. Obgleich ich nie, was ich tat, gern getan Ich tat doch keinem etwas Kluges an. 14 Doch wisse, daß ich selber mich verachte! Wenn du, nachdem du lustlos unter Männern lagst Einmal nicht ganz im Dreck verrecken magst So mach es anders, als ich selbst es machte. Wenn du einmal was Kluges findst, dann tu's Hab ich es nicht geschafft, vielleicht schaffst du's.
(Sonett Nr. 12) Gestehn wir's: leider sind wir zu schwach im Fleische Ich, seit ich meines Freundes Frau geschwächt Meid ich mein Zimmer jetzt und schlafe schlecht Und merke nachts: ich horche auf Geräusche! Dies kommt daher, weil dieser beiden Zimmer An meines stößt. Das ist es, was mich schlaucht Daß ich stets höre, wenn er sie gebraucht Und hör ich nichts, so denk ich: desto schlimmer! Schon abends, wenn wir drei beim Weine sitzen Und ich bemerke, daß mein Freund nicht raucht Und ihm, wenn er sie sieht, die Augen schwitzen Muß ich ihr Glas zum Überlaufen bringen Und sie, wenn sie nicht will, zum Trinken zwingen Damit sie nachts dann nichts zu merken braucht.
Als ich schon dachte, daß wir einig wären Gebrauchte ich, fast ohne drauf zu achten Die Wörter, welche meinten, was wir machten Und zwar die allgemeinsten, ganz vulgären. Da war's, als ob von neuem du erschrakst als sähst du jetzt erst, was das, was wir machten, sei In vielen Wochen, die du bei mir lagst Lehrt ich von diesen Wörtern dich kaum zwei. Mit solchen Wörtern rufe ich den Schrecken Von einst zurück, als ich dich frisch begattet Es läßt sich länger nunmehr nicht verdecken: Das Allerletzte hast du da gestattet! Wie konntest du dich nur in so was schicken: Das Wort für das, was du da tatst, war
Das zwölfte Sonett Noch immer über der verstaubten Gruft In der sie liegt, die er nicht vögeln durfte Sooft er auch um ihre Wege schlurfte Erschüttert doch ihr Name uns die Luft. Denn er befahl uns, ihrer zu gedenken Indem er auf sie solche Verse schrieb Daß uns führwahr nichts anders übrigblieb Als seinem schönen Lob Gehör zu schenken. Ach, welche Unsitt bracht er da in Schwang als er mit so gewaltigem Lobe lobte Was er nur angesehen, nicht erprobte! Seit dieser schon beim bloßen Anblick sang Gilt, was hübsch aussieht und die Straße quert Und was nie naß wird, als begehrenswert.
Die rote Rosa nun auch verschwand. Wo sie liegt,ist unbekannt. Weil sie den Armen die Wahrheit gesagt Haben die Reichen sie aus der Welt gejagt.
Mein Herz ist trüb wie die Wolke der Nacht Und heimatlos, oh Du! Die Wolke des Himmels über Feld und Baum Die wissen nicht wozu. Sie haben einen weiten Raum. Mein Herz ist wild wie die Wolke der Nacht Und sehnsuchtstolls, oh Du! Die will der ganze weite Himmel sein Und sie weiß nicht wozu. Die Wolke der Nacht ist mit dem Wind allein.
Ohne Einladung Sind wir gekommen Siebenhundert (und viele sind noch unterwegs) Überall her, Wo kein Wind mehr weht, Von den Mühlen, die langsam mahlen, Und den Öfen, von denen es heißt, Daß kein Hund mehr vorkommt. Und haben dich gesehen Plötzlich in der Nacht, Öltank. Gestern warst du noch nicht da, Aber heute bist nur du mehr. Eilet herbei, alle Die ihr abgesägt den Ast, auf dem ihr sitzet, Werktätige! Gott ist wiedergekommen In Gestalt eines Öltanks. Du Häßlicher, Du bist der Schönste, Tue uns Gewalt an, Du Sachlicher! Lösche aus unser Ich! Mach uns kollektiv! Denn nicht wie wir wollen Sondern wie du willst. Und bist du nicht gemacht aus Elfenbein Und Ebenholz, sondern aus Eisen. Herrlich, Herrlich, Herrlich! Du Unscheinbarer! Du bist kein Unsichtbarer, Nicht Unendlich bist du! Sondern sieben Meter hoch. In dir ist kein Geheimnis Sondern Öl. Und du verfährst mit uns Nicht nach Gutdünken, noch unerforschlich Sondern nach Berechnung. Was ist für dich Gras? Du sitzest darauf. Wo ehedem Gras war Da sitzest jetzt du, Öltank, Und vor dir ist ein Gefühl Nichts. Darum erhöre uns Und erlöse uns von dem Übel des Geistes Im Namen der Elektrifizierung Der Ratio und der Statistik!
Immer wenn uns Die Antwort auf eine Frage gefunden schien Löste einer von uns an der Wand die Schnur der alten Aufgerollten chinesischen Leinwand, so daß sie herabfiel und Sichtbar wurde der Mann auf der Bank, der So sehr zweifelte. Ich, sagte er uns Bin der Zweifler, ich zweifle, ob Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat. Ob was ihr sagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte. Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt. Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig? Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos. Seid ihr wirklich im Fluß des Geschehens? Einverstanden mit Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei: Läßt es euch auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen? Ist es auch angeknüpft an Vorhandenes? Sind die Sätze, die Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar? Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem Immer wieder vor allem andern: Wie handelt man Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man? Nachdenklich betrachten wir mit Neugier den zweifelnden Blauen Mann auf der Leinwand, sahen uns an und Begannen von vorne.
Hier gibts noch weitere Gedichte von
Brecht !!
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